Chris Hirt-Boss: "Volleyball ist eine Lebensschule!"
«Es ist wirklich extrem toll, das alles erlebt zu haben. Trotz all dem Schweiss und vieler Mühen würde ich das meiste nochmals so machen», lautet das Fazit von Christine Hirt-Boss nach unzähligen Jahren als Volleyballerin. Sie habe Glück gehabt und sei durch ihren Sport viel in der Welt herumgekommen, habe einiges gesehen und interessante Leute kennengelernt –«eine tolle Lebensschule», wie sie beteuert. Angefangen hat ihre Volleyball-Laufbahn erst relativ spät, nämlich mit 15 Jahren im Gymnasium. Bis dahin kannte sie diese Sportart gar nicht. Doch dann ging alles ganz schnell. «Ich hatte halt mit meinen 1,87 Metern die richtige Grösse dazu», lacht sie. 1997 wurde sie mit der Volleyball-Mannschaft vom RTV Basel Schweizermeister und Cupsieger. Diese beiden Titel bezeichnet sie als ihre wichtigsten, aber Medaillen und Pokale hat sie noch einige mehr. Diverse Male Vizemeister, mehrmals im Cupfinale, unzählige Europacup-Spiele oder eine Auszeichnung als Mannschaft des Jahres gehören zu ihrer Sammlung.
122 Länderspiele Die meisten Auszeichnungen stammen aus den Jahren, als sie sowohl in der Schweizer Nationalmannschaft als auch mit ihrem Genfer Team Genève-Elite in der Nationalliga A spielte. Eine sportlich äusserst intensive Zeit, wobei jedoch ihre Mitgliedschaft in der Nationalmannschaft einen besonders grossen Eindruck bei der gebürtigen Bernerin hinterlassen hat. «Es war eine anstrengende Zeit mit vielen Höhen und Tiefen. Wir haben sehr hart trainiert, unglaublich Eindrückliches zusammen durchgestanden und erlebt, das verbindet uns alle bis heute», schwärmt die Volleyballerin. Leider hätten sie es dennoch nie geschafft, sich für eine Europameisterschaft zu qualifizieren, «aber es war schon eine unglaubliche Erfahrung, gegen die besten Nationen der Welt spielen zu können», resümiert Christine Hirt-Boss. Und so war sie mit der Nationalmannschaft unter anderem in Kanada, Japan und China und hat dabei nicht nur «volleyballerisches» erlebt, sondern ebenfalls etwas vom jeweiligen Land mitbekommen. Besonders in Erinnerung bleibt ihr, wie sie wegen eines privaten Termins ihrem Team in China alleine im Zug hinterherreisen musste. «Ich habe nichts verstanden und die Menschen sprachen kein Englisch, da musste ich ihren Handzeichen einfach vertrauen, um richtig anzukommen», erinnert sie sich.
Beste Spielerin des Teams Auch bei ihrem Genfer Verein hat sie so einiges erlebt. «Ich hatte dort das Glück, mit der damals weltbesten Passeuse zu spielen», erzählt sie und ergänzt schmunzelnd: «Als diese mir einmal extra schlechte Pässe gespielt hat, weil sie sauer auf mich war, habe ich das gar nicht gemerkt, so gut war sie». Zudem war sie die einzige Nationalspielerin im Team. Als einen der schönsten Momente ihrer Laufbahn bezeichnet sie jedoch eine Anerkennung, die Christine Hirt-Boss während ihrer Zeit in den USA erhalten hat. «Als Ausländerin musste man viel leisten, um sich durchzusetzen. Da war es eine besondere Auszeichnung für mich, dass ich einmal zur besten Spielerin meines Teams gewählt wurde», strahlt die Mittelangreiferin. Diese Position war wie geschaffen für sie, dort konnte sie ihre Flexibilität und Grösse gut für Block und Hauptangriff einsetzen. Diese sehr technische Sportart, bei der es zu keinem direkten Körperkontakt mit dem Gegner kommt, entspreche ihrem Charakter. Auch dass es sich bei diesem Mannschaftssport nicht um eine einzelne Spielerin drehe, sondern das Team im Vordergrund stehe, sei ihr Ding. «Mir war immer das harmonische Zusammenspiel und ein guter Teamgeist wichtig», betont Christine Hirt-Boss.
Mehrere Standbeine Der Volleyball-Sport sei zu Beginn sehr dominant in ihrem Leben gewesen, erinnert sich Christine Hirt-Boss. «Doch die Ratschläge meiner Eltern haben mich dazu gebracht, auch auf eine gute Ausbildung und einen erfüllenden Beruf Wert zu legen», erklärt die ehemalige Wirtschaftsstudentin, die in der Konzernbetreuung beim Bankverein gearbeitet hat, bevor sie fünfzehn Jahre Pause einlegte, um für ihre Familie da zu sein. Als ihre dreiKinder dann älter waren, stieg die seit 2008 in Zeiningen wohnhafte, beruflich in der Bau- und danach in der Pharmabranche neu ein. Den Sport stellte sie in den «Familienjahren» hintenan, spielte Volleyball zeitweise nur noch zum Plausch.
Eine sportbegeisterte Familie zu haben, sei ihr wichtig gewesen, dabei seien aber verschiedene Sportarten zum Zuge gekommen wie beispielsweise Ski- und Velofahren, ihr Mann sei ja sowieso Handballer. Die letzten zehn Jahre war sie dann bei Volley Möhlin, wo sie sowohl als Spielerin als auch als Trainerin wirkte. «Als Trainerin wollte ich meine eigenen Erfahrungen weitergeben und die Jugendlichen dazu motivieren, an sich zu glauben», erklärt sie. «So seien die Möhliner U13-Volleyballerinnen an der Schweizermeisterschaft 2017 mit einer grossen Portion Motivation und Überzeugung relativ weit gekommen», schwärmt die Trainerin.
In diesen Tagen nun beendet Christine Hirt-Boss mit 52 Jahren ihre aktive Volleyball-Laufbahn. Viel hat sie erreicht, noch mehr hat sieerlebt. «Man soll aufhören, wenn es noch Spass macht», meint sie undergänzt lächelnd: «Jetzt plane ichnoch etwas Beach-Volleyball zu spielen und mehr Velo und Ski zu fahren, aber ansonsten bin ich nun einfach der Fan vom Team meiner Tochter.» Volleyball, das sei ihr immer einwichtiger Begleiter gewesen, aber man müsse mehrere Standbeine haben. Dazu zählt ein guter Beruf, aber vor allem auch Familie und Freunde. Man dürfe einfach nicht alles im Leben auf ein Pferd setzen, das rate sie allen, nicht nur angehenden jungen Volleyballern.